Apostel Böttcher: Habe jetzt mehr Zeit für die Enkelkinder

(15.03.2016) Teterow. Im Dezember 2015 wurde Dieter Böttcher nach mehr als 40 Jahren Amtstätigkeit, davon 23 Jahre als Apostel, von Stammapostel Jean-Luc Schneider in den Ruhestand versetzt. In der Ausgabe Nr. 4 der Zeitschrift "Unsere Familie" vom 20. Februar 2016 beantwortet der junge Ruheständler Fragen zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – ein Auszug.

"Es gibt Mitarbeiter, die kompetent sind, aber nicht angenehm. Andere, die angenehm sind, aber nicht kompetent. Du aber warst beides", so Stammapostel Schneider in seiner Ansprache zur Ruhesetzung von Apostel Böttcher am 6. Dezember 2015 in Güstrow. Viele weitere lobende und wertschätzende Worte fand der Stammapostel für seinen Mitarbeiter und attestierte ihm unter anderem: "Es ist dir nicht schwer gefallen, Opfer für den Herrn zu bringen."

Im Folgenden ein Einblick darüber, welche Opfer Dieter Böttcher in seiner Amtszeit brachte, welche Erfahrungen er zu DDR-Zeiten machte, wie er heute seinen Ruhestand verbringt und auf welche Lebensphasen und Ereignisse er gern zurückblickt.

Apostel Böttcher, welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Kinder- und Jugendzeit?

Die Erinnerungen an meine Kinderzeit sind rosig, überwiegend vom freien Landleben geprägt. Die Jugendzeit war interessant. In den 1960er-Jahren war man der Überzeugung, alle Probleme auf Erden mit Wissenschaft, Technik und der richtigen Ideologie lösen zu können. Neues zu entdecken und sich mit Dingen zu beschäftigen, die Glauben widersinnig nannten, war demzufolge aufregend.

Seit 1973 dienten Sie als Amtsträger der Neuapostolischen Kirche. Haben Sie in der ehemaligen DDR durch Ihr Glaubensbekenntnis Nachteile erfahren?

Eine zunächst angebotene Laufbahn an der Hochschule wurde mir nach dem Abschluss des Studiums verwehrt. So landete ich in der elektrotechnischen Planung der Bauindustrie. Was zunächst als minderwertiger erschien, wurde für mich als junger Ehemann und Familienvater zum materiellen Segen. Die ehrenamtliche Tätigkeit wurde geachtet und ich erhielt ungeahnten Freiraum zur Seelsorge.

Sie haben in der ehemaligen DDR beim Kirchenbau der Neuapostolischen Kirche mitgewirkt. Zu DDR-Zeiten sicherlich kein einfaches Unterfangen...

Die Umsetzung erfolgte überwiegend durch die Geschwister in Feierabendtätigkeit. Man muss aber wissen, dass in damaliger Zeit eine bezahlte Feierabendtätigkeit nach der regulären Arbeitszeit aus kaum einem Wirtschaftsbereich wegzudenken war. Die Bereitschaft zum Einsatz beim Kirchenbau bedeutete also Verzicht auf weitere Einkünfte. Der Einsatz war dennoch bis zuletzt überwältigend. Regelmäßig besuchte der Bezirksapostel die Baustelle – das war einerseits Wertschätzung und andererseits identitätstiftendes und festigendes Gemeinschaftserleben. Es ist tatsächlich so, dass kein finanzieller Beitrag die Identifikation mit der Gemeinde so festigt wie die physische Beteiligung in der Gestaltung des Gemeindelebens. Das erkenne ich im Rückblick.

Zu DDR-Zeiten waren Christen eine Minderheit. Führte das zu mehr Zusammenhalt unter den christlichen Kirchen? Welche Stellung hatte die Neuapostolische Kirche damals unter den Kirchen?

Das Miteinander der Kirchengemeinden war von den Beziehungen der Verantwortlichen vor Ort abhängig. Allgemein war das Verhältnis zur Neuapostolischen Kirche jedoch von Distanz geprägt. Für die Entwicklung zu einem aufrichtig wertschätzenden Umgang miteinander ist auf beiden Seiten viel Geduld nötig. Das Gelingen hängt von einer allseits praktizierten Nächstenliebe nach Christi Gebot ab und nicht von Zwängen äußerer Gegebenheiten.

Welche Erinnerung haben Sie an die Zeit nach der Wende?

Nach der Wende konnten wir Konzerte und Gottesdienste in öffentlichen Räumen durchführen, was zuvor in dem Rahmen und mit der medialen Aufmerksamkeit nicht möglich war. Es ergab sich die Möglichkeit, auch außerhalb des Apostelbereiches in der Mission tätig sein zu können.

Welche Erinnerung verbinden Sie mit Ihrer Ordination zum Apostel?

Mein Blick auf die Taten der ersten Apostel und auf das Wirken der mir bekannten lebenden Apostel erzeugte in mir tiefe Besorgnis bezüglich der Heiligkeit und der Anforderung, denen nun auch ich gerecht werden sollte.

Sind Sie in einer kirchlichen Arbeits- oder Projektgruppe tätig?

Derzeit bin ich noch im Autorenteam für die Leitgedanken zu den Gottesdiensten. Im Bereich Norddeutschland wurden mir über viele Jahre die Gremien für die Betreuung der mit Behinderungen lebenden Geschwister und für die Hörgeschädigten anvertraut.

Sie haben unter verschiedenen Bezirksaposteln gearbeitet. Was verbindet Sie mit den einzelnen Bezirksaposteln?

Bezirksapostel Tiedt war mir zunächst der väterliche und Bezirksapostel Adam dann der mütterliche Seelenhirte. Bezirksapostel Leber war ein herzlicher und liebevoller Seelsorger und Bezirksapostel Schumacher der einfühlsame und verständnisvolle. Bezirksapostel Krause ist und bleibt mein zutiefst brüderlicher Segensträger und Ratgeber. Mit allen verbindet mich, dass sie mir Nachfolge leicht machten, weil sie das Einssein mit Jesus und mit unseren Stammaposteln pflegten.

Was empfinden Sie in Ihrer Amtstätigkeit als besonders herausragend und beglückend?

Beglückend ist für mich, wenn Menschen zum Glauben finden. Gottes erwählende Liebe erreichte sie und dieser Liebe gaben sie Raum. Ihr intensives Gotterleben ist für mich beglückend.

Wann haben Sie zuletzt mit jemandem, der nicht zur Neuapostolischen Kirche gehört, über den Glauben gesprochen?

Beim Einchecken in ein Hotel, als ich die Rechnungsadresse angegeben habe. Man konnte den Namen "Neuapostolische Kirche" nicht schreiben. Dass Kirche apostolisch ist, scheint vollkommen unbekannt zu sein.

Wie und wo verbringen Sie Ihren Ruhestand? Haben Sie Hobbys?

Ich habe jetzt mehr Zeit für die größer gewordenen Enkelkinder – wenn sie es denn noch möchten. (lacht) Wir haben ein Wohnmobil und möchten es nutzen, wenn uns danach ist. Doch überwiegend werden meine Frau und ich wohl zu Hause sein. Da ruht so manches seit 15 Jahren, das am und im Haus erledigt werden will.

Haben Sie Pläne, sich in Ihrer Gemeinde aktiv einzubringen?

Ich habe keine Pläne. Ich weiß, dass es viele Dinge im Gemeindealltag gibt, die einfach gemacht werden müssen – und da lasse ich mich gerne anleiten.

Foto: Archiv

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